Der Super Bowl stellt unbestritten DAS sportliche Highlight in den USA dar. Am 4. Februar verfolgten allein in den USA im Schnitt 103 Millionen Menschen das Großereignis im Fernsehen. In Deutschland erreichte das Finale einen Marktanteil von gut 44 Prozent. Kein Wunder also, dass die Werbeplätze heiß begehrt sind. So kostete bereits der Sendeplatz für einen kurzen 30-sekündigen Werbespot nicht weniger als 5 Millionen Dollar.
Auch wenn sich diese Kosten nur die wenigsten leisten können, bieten die Super-Bowl-Spots Erkenntnisse, woran sich Unternehmen bei der Produktion von Inhalten ein Beispiel nehmen können. Gerade im B2B-Bereich kommt es darauf an, erklärungsbedürftige Inhalte unterhaltsam und einprägsam zu kommunizieren – das zeigen insbesondere die besten Werbe-Spots der Tech-Branche, die beispielsweise das Magazin “t3n” kürt.
Die Erfolgsmethoden für guten Inhalt
- Infotainment: Inhalte zu erklären muss nicht langweilig sein. Erklärvideos zählen besonders bei B2B-Unternehmen zu den stärksten Methoden, um komplexe Themen eingängig zu vermitteln. Das Angebot ist vielfältig; je nach Inhaltsart und Ziel bieten sich Comic-Style, Schiebetechnik, Whiteboard-Anmutung sowie 2D- oder 3D-Animationen an. Der Spot der Firma “Wix.com” zeigt, wie gut die Kombination eines klassischen Erklärvideos mit echten Testimonials funktioniert. Der Spot überzeugt vor allem deshalb, weil hier zwei Helden ganz konkret auf ein Bedürfnis eingehen und einfach nachvollziehbar die Schritte zur Lösung veranschaulichen.
- Inhalten Gesichter geben: Wie ein roter Faden zieht es sich durch die Werbe-Spots: Testimonials stärken die Identifikation mit Produkten oder Leistungen und zahlen auf den Markenkern ein. Allein für den “Alexa-Spot” dienten Firmenchef Jeff Bezos, Anthony Hopkins, Gordon Ramsay, Rebel Wilson, Cardi B u.v.m. als Testimonials. Keanu Reeves spielt die Hauptrolle in der Werbung für “Squarespace” und das Musikerduo Rhett & Link wirbt für “Wix.com”. Morgan Freeman, Peter Dinklage, Chris Pratt… Die Liste der hochkarätigen Werbebotschafter ist lang. Wichtigster Aspekt dieser Werbe-Spots ist, dass der Botschafter zum Produkt passt und glaubwürdig wirkt. Auch deshalb funktioniert bei “Wix.com” das Musikerduo so gut. Sie sind bekannt aber noch nicht zu bekannt. Der Zuschauer nimmt ihnen also unterschwellig ab, dass sie ihre Website selber gestalten.
- Kundenperspektive einnehmen: Die Werbung des Kopfhörerherstellers “Monster” funktioniert fast vollständig ohne Text, da sie zwei zentrale Aspekte verbindet: Sie erzählt eine Geschichte und nimmt die Perspektive des Kunden ein. Dem Zuschauer wird erzählt, aus welchen (Kunden-)Bedürfnissen heraus das Produkt entwickelt wurde, wie es entstand und welche Vorteile das Produkt für den Nutzer hat. Das Unternehmen identifiziert sich mit dem Kunden und in der Folge identifizieren sich die potenziellen Kunden mit der Marke.
- Mehrwert schaffen. Kundenkommunikation nimmt nur ihren Ausgang in Werbung. Werbung dient dazu, Interesse zu wecken und auf sich aufmerksam zu machen. Was danach kommt ist wichtig, um den Kunden dauerhaft zu überzeugen. Lead Generation ist das Schlagwort, mit dem Unternehmen Kunden dauerhaft an sich binden können. Der Filmtrailer von Netflix ist eigentlich eine ganz normale Vorschau. Er unterscheidet sich allerdings in einem zentralen Aspekt: Der beworbene Film stand im Anschluss an das Spiel exklusiv auf der Streaming Plattform zur Verfügung. Damit entstand für die Zuschauer nicht nur ein ganz konkreter Mehrwert, sondern schaffte den Anlass, um die Zuschauer des Spiels direkt zu Netflix weiterzuleiten.
- Auf Erfolgsmodelle und einfache Botschaften setzen: Die “T-Mobile” Werbung zeigt wohl am deutlichsten, dass das Rad nicht neu erfunden werden muss, um guten, eingängigen Inhalt zu produzieren. Das Unternehmen trifft den Nerv, indem es auf Babys zusammen mit einer klaren, aber primär emotionalen Botschaft setzt. Scheinbar einfach, aber in guter Qualität appelliert der Spot an Werte wie “Vernetzung”, “Gleichberechtigung” und “Zukunftsorientierung”, um so den Markenkern positiv zu besetzen.
Inhalt ist nicht gleich Inhalt
Besonders für B2B-Unternehmen sollte guter Content im Vordergrund stehen. Die Super-Bowl-Spots zeigen, dass die Grundlagen für guten Inhalt medien- und branchenübergreifend gelten: Ausgang ist immer, sich in die Situation des Kunden zu versetzen, seine Bedürfnisse anzusprechen, Mehrwerte zu liefern und ihn auf Augenhöhe bei der Customer Journey zu begleiten. Erklärvideos, gutes Storytelling und Testimonials nehmen den Nutzer mit und unterhalten gleichzeitig. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem, dass es bei abstrakten Produkten sinnvoll sein kann, die Marke und das Unternehmen anstatt der Produkte zu positionieren. Das Bewegtbildkommunikation immer wichtiger wird, hat in 2017 die Studie des “Erster Arbeitskreis Social Media in der B2B-Kommunikation” gezeigt. Welchen Stellenwert hat Bewegtbildkommunikation in Ihrem Unternehmen? Womit haben Sie gute Erfahrungen gemacht?
Allein die hier angeführten Videos zeigen einen Content von ca. 65 Million Dollar Sendeplatzkosten.
Die Übertragungen der Footballspiele (nicht explizit des Super Bowls allein) sind bereits mit unzähligen, für nationale Verhältnisse ungewohnt viele, Werbepausen bestückt. Beachtet man dabei, dass ein Spiel viermal 15 Minuten dauert, die Durschnittslänge der Super Bowl Spiele bei ca. 3h 44min liegt, dann ist die Zeit der Werbepausen fast dreifach so viel, wie das Spiel selbst. Hinzu kommt die Überlänge der Super Bowl Halbzeitlänge von 30 Minuten (regulär 15 Minuten). Ein Sammelbecken von möglichen Werbespots. Ein riesiger Markt, in welchem B2B-Themen, aber auch B2C Content untergebracht werden können.
Für den Lieblingssport der Deutschen – Fußball – fällt die Prognose düsterer aus. Ein Spiel dauert 90 Minuten á 45 Minuten je Halbzeitlänge. Die Pause beträgt maximal(!) 15 Minuten. In dieser Zeit sind die meisten Fans damit beschäftigt, sich die berühmt berüchtigte Stadionwurst in den meterlangen Schlangen zu bestellen und ggf. Getränke zu organisieren. Das Beispiel des Auftritts von Helene Fischer beim Spiel Bayern München gegen den SC Freiburg zeigte, dass der Versuch gelobt, die Umsetzung aber getadelt wurde. Wieso? Meiner Meinung nach lag es daran, dass die Idee von einem anderen (amerikanischen) Spiel transferiert wurde, ohne die Gewohnheiten der Fußballfans zu beachten. Also auch hier liegt noch einiges Potential vergraben, welchen Unternehmen für sich und ihre Werbekonzepte entdecken können. Dennoch hat das Konzept der Halbzeitwerbungen durch kurze prägnante Werbespots die aussichtsreichste Zukunft. Als beste Beispiele sind hier die Endrunden der WM oder das Champions League Finale zu nennen. Mit einer gezielten Unterhaltung, während die Bühne(n) für die Halbzeitshows aufgebaut werden, könnte auch der europäische Markt (und Fußball) binnen von sechs Minuten (die Länge der hier gezeigten Spots) 65 Millionen zusätzlich einnehmen. Die Reputationen für die Werbenden ist hier natürlich noch nicht einzurechnen. Nicht zu vergessen ist bei dieser kleinen Kritik, dass bereits in jeglichen deutschen Stadion auch Monitore angebracht sind, wenn Fans gerade nicht auf ihren Plätzen sitzen, aber vom Getränkestand aus das Spiel verfolgen wollen. Die Voraussetzungen, auch die hungrigen Zuschauer in der Halbzeit zu erreichen sind somit also gegeben.
Welchen Stellenwert Bewegtbildkommunikation erreichen kann zeigen bereits die Spots von Edeka “Super geil” oder der neue Spot von Aldi Süd ( https://www.youtube.com/watch?v=tzoAKhSY2UU )
Ich sehe das Potenzial für Werbeunterbrechungen im Fußball etwas kritischer, nicht zuletzt wegen der angeführten Pausenzeiten. Zudem können in Fußballstadien nicht so leicht Bühnen aufgebaut werden, wie in vielen Stadien der NFL, da Fußball (abgesehen von der Frauen-Fußball-WM in Kanada vor ein paar Jahren) fast ausschließlich auf Rasen und nicht auf Kunstrasen ausgetragen werden.
Deutlich mehr Möglichkeiten bietet da der wachsende Markt an US-Sport-Übertragungen wie eben z. B. den Regular-Season-Spielen der NFL. Der Zeitunterschied könnte bei vielen der Spiele durch z. B. eine Re-Live-Übertragung gelöst werden und das Grundgerüst für die Werbepausen bliebe bestehen.
Grundsätzlich hat in meinen Augen aber die Superbowl-Werbung dem Großteil des deutschen Marktes eines voraus: Sie traut sich mehr.
Werbung in Deutschland ist zu oft vorhersehbar und entsprechend wenig begeisternd. Konzepte wie von EDEKA und den Berliner Verkehrsbetrieben sind und bleiben bis auf weiteres die Ausnahme, auch wenn ihre Reichweite eigentlich inspirieren sollte.