eStrategy-magazin.de, 16.03.2021

Interview mit Henning Brandt von Computop

Nachdem zum Jahresende hin sehr häufig das Thema Trends für das kommende Jahr auf die Agenda gesetzt wird, haben wir uns mit Henning Brandt, Leiter Unternehmenskommunikation bei Computop, einem der führenden deutschen Payment Service Provider (PSP), über Trends im Online-Payment unterhalten – mit einigen recht spannenden Einblicken und Ansätzen, unter anderem klimaneutralem Bezahlen!

Stellen Sie sich und Computop bitte kurz vor?

Mein Name ist Henning Brandt, ich bin seit über 5 Jahren bei Computop und leite dort die Unternehmenskommunikation. Computop ist ein Payment Service Provider (PSP), der bereits 1997 von Ralf Gladis und Frank Arnoldt in Bamberg gegründet wurde. Ursprünglich war der Plan, ein Shopsystem mit integrierter Zahlungsmöglichkeit anzubieten. Es hat sich aber recht schnell herauskristallisiert, dass gerade das Thema Payment eine spannende Geschichte war, für die es noch kaum sichere Lösungen gab. Daher hat man sich auf diesen Bereich fokussiert.

Bereits im Jahre 2000 hat Computop zusammen mit Mastercard das europäische Pilotprojekt für den Payment-Security-Standard PCI entwickelt und ein Jahr später zusammen mit VISA das 3D-Secure-Verfahren vorangetrieben. Anfangs lag der Fokus im Bereich der Kreditkartenzahlung. Mit unserer Weiterentwicklung, der fortschreitenden Internationalisierung sowie immer neuen Technologien und Verfahren können wir unseren Kunden inzwischen über 350 Zahlungsarten aus aller Welt anbieten. Wir verfügen aktuell über acht Standorte unter anderem auch in New York und Shanghai, beschäftigen rund 150 Mitarbeiter und bedienen damit rund 16.000 zufriedene Kunden, die ein Transaktionsvolumen von rund 36 Mrd. Euro bewegen.

Das Thema Payment ist ja nicht ganz trivial und es spielen hier diverse Akteure mit: Acquirer, Issuer, PSP etc. Können Sie hier zu Beginn etwas Licht in den Begriffsdschungel bringen?

Das Ganze lässt sich am einfachsten anhand einer Kreditkartenzahlung erläutern, die aus abwicklungstechnischer Sicht vielleicht die anspruchsvollste Zahlungsform darstellt. Wir haben es in dieser Konstellation zumeist mit vier Parteien zu tun: dem Händler mit seiner Bank und dem Käufer mit seiner Bank. Dem Käufer wird eine Kreditkarte von seiner Hausbank zur Verfügung gestellt. Diese nennt man in diesem Kontext Issuer. Der Händler hat eine Bank, die entsprechende Kreditkartenzahlungen entgegennimmt. Diese nennt man Acquirer oder Acquirer-Bank. Die beiden Banken (Issuer und Acquirer) tauschen bei einem Zahlungsvorgang entsprechende Daten über das Kreditkartennetzwerk aus.

Im Prinzip könnten Händler den Prozess auch ohne einen zwischengeschalteten Payment Service Provider (PSP) abwickeln und sich direkt mit der Acquirer-Bank verbinden. Ein Payment Service Provider wird dann relevant, wenn Händler mehr als ein bis zwei Zahlungsarten anbieten möchten (was unter User Experience Gesichtspunkten unbedingt zu empfehlen ist), wenn sie frei zwischen verschiedenen Acquirern wählen möchten und insbesondere auch dann, wenn das Thema Internationalisierung relevant wird. Ansonsten müssen sie sich in jedem Land mit den spezifischen Bezahlarten auseinandersetzen, was schnell sehr aufwändig werden kann. Ein PSP kümmert sich darum, dass Händler die unterschiedlichsten Zahlungsarten über eine einzige Schnittstelle zur Verfügung gestellt bekommen und wickelt die entsprechenden Zahlungen ab. Zudem werden sensible Zahlungsdaten wie die Kreditkartennummer beim PSP gespeichert und nicht beim Händler. Für diese Speicherung ist eine PCI Zertifizierung notwendig, die aufwändig und teuer ist, daher hat die Anbindung eines PSPs auch etwas mit der Sicherheit und ihren Kosten zu tun.

Wo sehen Sie aus ihrer Sicht zukünftig die Payment Trends?

Unsere Branche und ihre Innovationen sind bisweilen etwas paradox. Auf der einen Seite ist das Payment extrem schnelllebig. Es kommen im Prinzip ständig neue Technologien, Vorgaben, Fintech-Unternehmen etc. dazu. Auf der anderen Seite ist die Bereitschaft der Kunden, ihre Zahlungsgewohnheiten zu ändern, überhaupt nicht so dynamisch, d.h. Kunden bleiben “ihrer” bevorzugten Zahlungsmethode in aller Regel sehr lange treu. Damit sie offen für einen Wechsel ihrer Lieblingszahlart sind, muss das neue Angebot mindestens genauso sicher und dabei deutlich komfortabler sein.

Die Corona-Situation hat allerdings zu einem Wandel geführt – Stichwort: kontaktloses Bezahlen. War es vor einem Jahr noch häufiger so, dass mit Karte oder Smartphone bzw. Smartwatch nur ab einem gewissen Betrag bezahlt werden konnte (wenn überhaupt), hat die Corona-Situation dazu geführt, dass kontaktlose Zahlungen inzwischen bevorzugt werden. Selbst Händler, die sich früher dagegen gesträubt haben, kommen häufig nicht mehr daran vorbei, entsprechende Zahlungsmöglichkeiten anzubieten.

Das Thema mobiles Bezahlen wurde in Deutschland lange nur sehr zurückhaltend genutzt. Nachdem allerdings Google Pay und Apple Pay auch in Deutschland gestartet sind, hat man in diesem Bereich eine gewisse Bewegung bemerkt. Zuletzt haben Apple und die Sparkassen einen Coup gelandet, in dem sie die Girocard in Apple Pay integriert haben. Das ist ein Riesenschritt, wenn man sich vor Augen führt, dass es in Deutschland über 100 Millionen Girocards gibt, von denen knapp die Hälfte von den Sparkassen ausgegeben wurden. Deren Kunden können jetzt mit einem Schlag Apple Pay nutzen, und gemäß den Aussagen der Sparkassen machen davon viele Menschen Gebrauch. Wenn man die Zahlung über Apple Pay mal ausprobiert hat, stellen viele fest, dass das sehr praktisch ist: Zum einen muss man das Terminal nicht mehr anfassen, zum zweiten ist die Lösung komfortabel, schnell und sicher. Aktuelle Kartenleser übernehmen vom Smartphone auch die Authentifizierung, so dass man nicht mehr tun muss, als das Gerät ans Terminal zu halten. Zudem ist das kontaktlose Bezahlen – gemäß einer Studie der Bundesbank – die schnellste Zahlart im stationären Handel, noch deutlich vor dem Bargeld.

Ein weiterer Trend im Zahlungsverkehr betrifft die Kartenzahlungen im Onlinehandel: Ab 01.01.2021 wird die Authentifizierung gemäß PSD2 endgültig zur Pflicht. Das kann möglicherweise zu häufigeren Ablehnungen der Kreditkartenzahlung oder zum Abbruch des Einkaufs durch den Kunden führen. Der Einsatz von biometrischen Lösungen, wie wir sie mit „Biometrics by Computop“ anbieten, wird sich 2021 im Handel stärker niederschlagen.

In Europa wird auch das Bezahlen per Instant Payments an Fahrt gewinnen. Bei dieser Echtzeit-Überweisung kommt der Zahlbetrag innerhalb von 10 Sekunden europaweit beim Empfänger an, rund um die Uhr. Auch die EU-Kommission hat in ihrer aktuell erschienenen Retail Payment Strategy erklärt, dass sie diesen Weg der Bezahlung in den nächsten Jahren forcieren möchte.

Eine Ausweitung der Überweisung könnte jedoch zu Lasten der Kreditkarte gehen. Ihre großen Marken wie Mastercard und VISA, American Express oder Diners verlieren außerdem an Sichtbarkeit, wenn immer mehr Kunden sie virtuell in mobile Wallets wie Apple Pay integrieren. Um diesem Trend entgegen zu wirken, haben die Kartenmarken Click to Pay entwickelt. Hierbei handelt es sich um ein Wallet, das von den Kreditkartenunternehmen bereitgestellt wird und in dem man seine Karten der verschiedenen Marken hinterlegen kann. 2020 wurde Click to Pay in USA und Kanada eingeführt, es soll ab Mitte 2021 auch in Deutschland verfügbar sein.

In China funktioniert Payment seit längerer Zeit bereits komplett anders ̶ Stichwort Mobile Payment mit Anbietern wie WeChat oder Alipay. Sehen Sie das auf absehbare Zeit auch in Europa und hier insbesondere in Deutschland? Bieten Sie hierfür bereits Lösungen an?

In China war die Situation eine grundlegend andere als bei uns. Dort hatte bei weitem nicht jeder einen Rechner, das Smartphone hat sich dafür umso schneller verbreitet, so dass innerhalb kürzester Zeit nahezu jeder Chinese mindestens eines dieser Geräte hatte. Nachdem das Finanz- und Bankwesen in China auch nicht mit uns vergleichbar ist, lag es natürlich nahe, das Smartphone auch zum Bezahlen zu verwenden.

Hinzu kommt, dass es in China einige Apps gibt, die Lösungen für fast jede Lebenslage parat haben. Eine dieser Apps ist WeChat, das man sich als eine Kombination von WhatsApp, Google, Amazon und PayPal vorstellen kann. Nachdem es sich dabei um ein geschlossenes System handelt, ist es auch vergleichsweise einfach, einen Payment-Prozess zu integrieren.

Bereits im Jahr 2011 hat es für das mobile Bezahlen einen Ansatz von Yapital gegeben, einem Unternehmen, das zur Otto-Gruppe gehörte und das Bezahlen über QR-Codes angeboten hat. Das Ganze hat sich trotz aufwändigen Marketings leider nicht durchgesetzt. Insofern bin ich eher skeptisch, dass wir eine ähnliche Entwicklung wie in China sehen werden.

Corporate Social Responsibility und zuletzt Corporate Digital Responsibility werden immer wichtiger. Damit einher geht das große Thema der Nachhaltigkeit. Ich habe gelesen, dass Sie das Thema klimaneutrales Bezahlen auf der Agenda haben. Was hat es damit auf sich?

Seit letztem Jahr ist Computop Mitglied von Leaders for Climate Action. Hier treffen sich Unternehmen vor allem der Digitalwirtschaft, die verstanden haben, dass wir keinen Planeten B besitzen. CO2-Kompensation und -Reduktion sind die Ziele der Mitglieder hier, und natürlich: weitere Unternehmen und ihre führenden Köpfe anstecken mit der Begeisterung für den Klimaschutz. Wir sind inzwischen CO2 neutral aufgestellt und bieten all unseren Kunden damit klimaneutrales Bezahlen an.

Der Löwenanteil unseres CO2-Ausstoßes wird durch Mobilität verursacht. Platz vier im CO2-Ranking von Computop, schon mit unter 10%, belegt die Wärmeerzeugung für die Büros. Die Vorlieferanten zum Kraftstoffverbrauch, die Bahnfahrten, selbst der Kaffee, der die Payment People in Betrieb hält: Jeder dieser Einzelposten erzeugt mehr CO2 als unsere Zahlungssoftware selbst. Erst auf Platz 9, mit 0,5% der Emissionen, kommt der Rechenzentrumsbetrieb für das Computop Paygate.

Aber das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Eine globale Zahlungsplattform mit über 350 Zahlarten funktioniert nicht ohne die Menschen, die sie entwickeln, warten, vor Angrif135 Trends im Online-Payment E-Commercefen schützen – und sie zu den Kunden bringen. Und so wollen wir – natürlich – den Gesamtausstoß an CO2 ausgleichen, der von Computop ausgeht.

Das tun wir über eine Beteiligung am französich–peruanischen Projekt Microsol. Es hilft Bauern, einfache Kochöfen zu bauen, die mit viel geringerem Holzbedarf besser heizen und kochen als das sonst mit offenem Feuer der Fall ist. Inzwischen konnten bereits über 100.000 dieser Öfen gebaut werden, was zu einer jährlichen Einsparung von 250.000 Tonnen CO2 führt.

Ein relativ neues Produkt bei Ihnen scheint “Biometrics by Computop” zu sein, das Sie vorhin schon kurz angeschnitten haben. Erzählen Sie uns bitte was dazu?

Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich hierbei um einen Ansatz, bei dem wir biometrische Daten zur Authentifizierung verwenden. Spätestens mit Einführung des Fingerabdruck- Scanners sowie zuletzt mit der Gesichtserkennung beim Handy ist die Technologie im Massenmarkt angekommen und inzwischen weit verbreitet, weil das Ganze auch äußerst komfortabel und zudem sehr sicher ist.

FIDO steht für Fast Identity Online und ist ein internationaler Branchenverband, der einen Standard zur biometriebasierten Identifizierung definiert hat. Biometrics by Computop entspricht dem FIDO-Standard und erfüllt damit die neuesten technischen Anforderungen an Authentifizierungsverfahren, die Biometrie als Erkennungsmerkmal nutzen.

Das Verfahren ist auch deswegen so sicher, weil keine biometrischen Merkmale vom Endgerät übertragen werden. Bei jedem Authentifizierungsvorgang wird das vom Smartphone aufgenommene biometrische Bild (Fingerabdruck, Gesicht) in eine Zeichenkette, einen Hashwert umgewandelt. Da dieser Hashwert weder in das Ausgangsbild zurückgewandelt noch innerhalb anderer Systeme verwendet werden kann, ist er für Unberechtigte wertlos.

Das Ganze funktioniert sowohl im browserbasierten Webshop als auch in einer App: Käufer sind nicht länger auf Passwörter angewiesen, um Zugang zum Kundenbereich eines Shops zu erhalten. Der Kunde kann bereits im Registrierungsprozess bestimmen, wie er sich im Shop identifizieren möchte – per Gesichtserkennung oder Fingerabdruck. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, eine PIN zu hinterlegen. Neben dem Zugewinn an Sicherheit ist das Ganze auch äußerst schnell und komfortabel.

Auch bei dem neuen 3D-Secure 2-Verfahren für Online-Kreditkartenzahlungen kann es unter Umständen passieren, dass Kunden zu einer zusätzlichen Eingabe von TANs oder anderen Sicherheitsinformationen aufgefordert werden. Durch die FIDO-konforme Architektur wird es mit Biometrics by Computop in Zukunft möglich sein, die biometrische Authentifizierung von Käufern als „zweiten Faktor“ gemäß den SCA-Anforderungen zu verwenden.

Warum sollte ein Shopbetreiber Computop als Payment Service Provider gegenüber diversen anderen Anbietern den Vorzug geben? Wo liegen ihre USPs?

Wir sehen uns als Tech-Unternehmen, das weniger den Massenmarkt bedient, sondern Lösungen für mittlere und große Unternehmen anbietet, die hohe Anforderungen an Individualität und Komplexität haben. Unter den zehn größten Onlinehändlern in Deutschland sind sechs Computop-Kunden und wenn man berücksichtigt, dass in diese Kategorie auch Amazon und Apple fallen, die eigene Zahlungslösungen haben, dann zeigt das schon, dass wir im deutschen E-Commerce recht gut vertreten sind.

Wichtig ist an der Stelle auch, dass Computop über eine sehr erfahrene Entwickler-Mannschaft in Deutschland verfügt und nichts über Near- oder Offshoring gelöst wird. Dadurch sind wir sehr schnell und flexibel und können auf individuelle Anforderungen unserer Kunden jederzeit eingehen.

Für unseren Kunden SIXT haben wir beispielsweise die globale Zahlungsabwicklung in den Filialen, im Call-Center und online eingerichtet. Wenn man bedenkt, dass die Anforderungen für Zahlungsterminals bisher in jedem Land unterschiedlich waren, wird recht schnell klar, dass man einiges an Know-How benötigt. SIXT profitiert dabei zum einen von einer reibungslosen Zahlungsabwicklung und zum anderen von sehr detaillierten Auswertungsmöglichkeiten seiner Transaktionen.

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Pressekontakt und Redaktion
Jacqueline Althaller
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