Fast schon inflationär wird ein Begriff verwendet, in seinem Kern bedeutungsschwanger, aber in seiner hohen Frequenz immer mehr zu einer austauschbaren Worthülse verkommen: Authentisch sein, auf Authentizität Wert legen und weitere Zusammensetzungen. Ob nun jeder zweite Schauspieler seine Rolle authentisch verkörpert, jedes zweite Lied im Radio als authentisch empfunden wird. Der Begriff „authentisch“ ist etabliert im Sprachgebrauch und wird blindlings als Synonym für alles Mögliche genutzt, ob es im Kontext nun Sinn macht oder nicht. Zur Definition sei eingangs ein kurzer Exkurs in die Kommunikationswissenschaft erlaubt.
Sei der Mensch, der in Dir wohnt
Der renommierte Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun sagte einst hierzu: „Dein äußeres Gebaren sei in Übereinstimmung mit dem inneren Menschen, der in Dir wohnt!“ Authentisch zu kommunizieren, hat dabei weniger mit Moral an sich zu tun. Vielmehr bedeutet sie: eine gute Selbstwahrnehmung, der Mut, zu sich selbst zu stehen und die Fähigkeit, sich so zu geben, wie man sich im Innersten auch fühlt – sich als der Mensch zu geben, der man ist.
Ist Authentizität in ihrer schonungslosen Form überhaupt praktikabel? Bereits die Psychologin Ruth Cohen benannte den kleinen, aber feinen Unterscheid zwischen „maximaler“ und „optimaler“ Authentizität. Maximal authentisch gegenüber sich selbst und selektiv gegenüber den Mitmenschen. Schulz von Thun dazu: „Alles, was ich sage, soll wahrhaftig sein, aber nicht alles, was innerlich wahr ist, soll gesagt werden.“
Authentische Kommunikation im B2B-Umfeld
Die Ergebnisse der „Studie 2019: B2B und Social Media – Wie verändert sich die Nutzung der Kanäle?“ des „1. Arbeitskreis Social Media B2B“ führten die Tendenz der Vorjahre fort: Content ist und bleibt King! Auch auf Facebook und Co. kommt ein eigenes Bild besser an als eines aus dem Stockphoto-Archiv. Mit eigenproduzierten Inhalten haben Unternehmen die einzigartige Möglichkeit, ihre Alleinstellungsmerkmale über sämtliche Social-Media-Kanäle zu präsentieren. Originärer Content wirkt auf die Befragten unserer Studie authentisch und unverwechselbar.
Authentizität hat demnach auch eine hohe Relevanz in der B2B-Kommunikation. Zielgruppengerechte, authentische und nutzbringende Informationsangebote, Inhalte sowie Services auf allen relevanten Kanälen schaffen Vertrauen beim B2B-Kunden. Je glaubwürdiger ein Unternehmen agiert, desto deutlicher formt es die eigene Identität und das Image. Denn authentisch erlebte Interaktionen wirken positiv auf der emotionalen Ebene und festigen die Beziehung. Dies gilt insbesondere für B2B-Unternehmen, deren Geschäft auf langfristige Partnerschaften ausgelegt ist.
Daher gilt: Macht man sich die Macht der sozialen Medien zu Nutze und setzt sie ein, um echte Insights ins Unternehmen zu liefern, den Kunden „behind the scenes“ zu führen, die Balance zwischen „maximaler“ und „optimaler“ Authentizität einzuhalten, macht man sehr vieles richtig. Die Social-Media-Plattformen bieten heute mehr Möglichkeiten als je zuvor. Ob Instagram, insbesondere Instagram Stories, mit einer Vielzahl an Add-ons und Features, das umstrittene TikTok, 2D-Animationen, Audio- oder Video-Podcasts: Das Potenzial, sich authentisch zu präsentieren und authentisch zu kommunizieren, ist sehr groß.
Wie bewerten Sie die Macht von authentischer Kommunikation im B2B-Umfeld? Sind Social-Media-Kanäle für Sie ein probates Mittel, authentisch zu kommunizieren? Wir freuen uns über jeden Kommentar und eine konstruktive Diskussion.
Hallo Jacqueline,
du hast einen super Beitrag geschrieben und du hast dabei viele meiner gedanklichen Fragen in deinem Text beantworten können. Statt 08/15 Aussagen über die Authentizität zu treffen, kann ich in deinem Text viel investierte Zeit und Mühe erkennen.
Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel, wenn ich deinen Beitrag auf meinem LinkedIn Profil teile.
LG
Das ist wirklich ein sehr toller Artikel!
Ganz besonders gut gefällt mir das Zitat von Prof. Dr. Friedemann Schulz von Thun. Wie er bereits sagte, finde auch ich es wichtig, dass man sein wahres, inneres Ich nicht versteckt. Was für Einzelpersonen gilt, ist auch relevant für Unternehmen und Agenturen. Wie bereits im Artikel erwähnt, bin ich auch der Meinung, dass die Nutzung von Sozialen Netzwerken zum Thema Authentizität beitragen kann. Durch regelmäßige Posts über Geschehen, die der Agentur am Herzen liegen sowie über das Agenturleben bekommen Kunden als auch Interessenten einen besseres Eindruck über die Agentur und können besser mit dieser sympathisieren.
Jedoch könnte die Gefahr bestehen, dass Agenturen sich vielleicht nicht von Ihrer authentischen Seite zeigen und versuchen durch die Benutzung von Sozialen Netzwerken sich anders darzustellen.
Authentisch zu sein und authentisch zu kommunizieren sollte durchaus ein selbst gestecktes Ziel eines Individuums, aber auch eines Unternehmens sein. Auch für mich bedeutet authentisch sein: glaubwürdig, sympathisch, ehrlich bzw. kompetent zu sein und diese Botschaft dann auch anderen zeigen und vermitteln zu können.
Für Unternehmen sind authentische Beiträge besonders relevant, um einen persönlicheren, nahbaren Einblick in die kommunizierten Themen, in die eigenen Unternehmensstruktur und den Aufbau allgemein zu geben. Ich finde, dass Unternehmen Social Media durchaus für authentische Einblicke in das Arbeitsleben, in Programmabläufe, Kooperationen oder für Blicke „hinter die Kulissen“ nutzen können. Aber ein gewolltes, unbedingt authentisches Bild abgeben zu wollen, kann auch zum Gegenteil führen: Es kann sein, dass ein gestellter, aufgesetzter Einblick kommuniziert wird bzw. von außen als solcher wahrgenommen wird.
Sehr interessanter Artikel.
Die große Präsenz des Wörtchens „Authentizität“ im Alltag wurde mir nach dem Lesen erst richtig bewusst. Allein viele Medien wie Filme oder Bücher appellieren ja häufig daran authentisch zu sein oder „sich so zu geben, wie man sich im Innersten auch fühlt “ – wie im Artikel erwähnt. Bei Künstlern wird es ja auch hoch angesehen, wenn man in ihren Werken das Innere der Person erkennt.
Worauf man meiner Meinung nach aber achten sollte ist der Unterschied darin sich authentisch zu geben, anstatt authentisch zu sein. Ein angestrebtes Selbstbild ist noch lange nicht auch das eigene Selbst.
„Alles, was ich sage, soll wahrhaftig sein, aber nicht alles, was innerlich wahr ist, soll gesagt werden.“ Dieses Zitat von dem Herrn Von Thun ist im wilden Tummeln von Social-Media natürlich sehr wichtig. Eine gewisse Selbstkontrolle ist notwendig, sofern man keine Privatperson ist (die keine solche Beschränkungen braucht bzw. weniger nötig hat). Eine Frage ist beispielsweise immer wie man auf News, unsachliche Kommentare oder die Aktivitäten von Partnern reagiert. Hier liegt manchmal ein Spagat vor zwischen Authentizität und eine professionelle Fassade, die jedes Unternehmen irgendwie nach draußen tragen muss.
Das Nutzen der verschiedensten Kanäle für sein Unternehmen ist unumstritten. Jedoch sollte man darauf achten, dass man die Kanäle, die man betreiben möchte auch mit Bedacht betreibt. Es müssen Experten für jedes verschiedene Medium vorhanden sein, die einen über den maximalen Nutzen briefen und vor allem darüber informieren, welche Medien für ein Unternehmen Sinn machen und welche nicht.
Eine verallgemeinernde Aussage zu treffen für die Nutzung von verschiedenen Medien ist schwer und muss bei jedem Unternehmen individuell geprüft werden. Es ist jedoch meiner Meinung komplett richtig, sich nicht gegenüber neuen Medien im B2B Bereich zu verschließen, sondern erst einmal offen für alles zu sein.
Es ist eine sehr spannende Fragestellung, die hier aufgeworfen wird und mit der sich jedes Unternehmen von Zeit zu Zeit beschäftigen muss. Authentizität ist momentan von aktuellem Interesse, da sich viele Firmen immer mehr mit den Social Media-Kanälen beschäftigen und Authentizität sich zu den bekanntesten Social Media-Skills entwickelt hat. Ich denke jedoch nicht, dass sich die authentische Unternehmenskommunikation für Social Media grundlegend von der Selbstdarstellung auf anderem Wege unterscheidet. Die Frage der Authentizität ist also meiner Meinung nach nicht an Social Media geknüpft.
Die aufgezeigten Positionen aus der Kommunikationswissenschaft lassen sich schön auf Unternehmen anwenden: Diese selektive Authentizität zeigt die wahrhaftigen Seiten, hält die nicht so repräsentativen Aspekte jedoch zurück. Ich halte diese Praktik sogar geeigneter für den professionellen Umgang als für den privaten.
Wie der Beitrag von Frau Althaller sehr schön zeigt, kann als authentisch wahrgenommene Kommunikation über die sozialen Medien als entscheidender Schlüssel zum Unternehmenserfolg betrachtet werden. Diese schafft Nahbarkeit und führt bei guter Auswahl der zu kommunizierenden Sachverhalte zur Sympathie für bzw. Identifikation mit dem Unternehmen. Ob die sozialen Medien allerdings ein geeignetes Mittel für tatsächlich authentische Kommunikation darstellen, ist durchaus kritisch zu betrachten: In den sozialen Medien versuchen Unternehmen mit ihren Kunden in einen Dialog auf Augenhöhe zu treten und sie in einen Bewertungsprozess einzubinden. Aufgrund der Zweckorientierung der Unternehmen sowie der Präformierung der Rollen der Agierenden – die Unternehmen entscheiden, welchen Content sie generieren und zur Diskussion zur Verfügung stellen – wird eher eine inszenierte als optimale Authentizität vermittelt. Dennoch ist ebendiese Form von authentischer Sprache in den sozialen Medien wichtig, um die Sympathie der Zielgruppen zu gewinnen. Erfolgt die Einstellungsbeeinflussung sichtbar nur einseitig und im eigenen Sinne, kann dies durchaus dauerhaft zu einem negativen Image eines Unternehmens führen, weshalb man authentische Kommunikation in den sozialen Medien ernst nehmen sollte. Um der Wahrnehmung der Nutzer von inszenierter Authentizität entgegenzuwirken, könnte es hilfreich sein, diese selbst stärker einzubeziehen und in Erfahrung zu bringen, welche Themen sie interessiert, um den zukünftigen Content entsprechend anzupassen.
Aus der im Artikel verlinkten Studie “Social Media in der B2B-Kommunikation (Seite 16)” geht eindeutig hervor, dass das Kriterien, die ganz eng zum Begriff Authentizität stehen, große Wichtigkeit für eine erfolgreiche und gewinnbringende Kommunikation über Social Media. Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit und Transparenz sind meiner Meinung nach alles Facetten der “Authentizität”. Deshalb ist es unabdingbar ehrlichen, nahbaren Content zu liefern, der wie erwähnt auch hinter die Kulissen schaut, sympathisch, ehrlich und offen ist.
Die Studie offenbart allerdings auch, dass den befragten Unternehmen der Zeitaufwand und die fehlenden Ressourcen ein Dorn im Auge sind, wenn es um Social-Media-Kommunikation geht. Das ist mit Sicherheit richtig, denn die Kommunikation, die die oben genannten Kriterien erfüllen und gleichzeitig noch unterhaltsam sein soll, erfordert Arbeit und kann nicht “so nebenbei” erledigt werden.
Deshalb ergibt sich ein Drahtseilakt, der, wenn er gemeistert und authentisch umgesetzt wird, für jedes Unternehmen ein wichtiges Standbein in der Außendarstellung sein kann.
In meinen Augen ist authentische Kommunikation für Unternehmen deshalb so wichtig, denn dadurch verkauft sich das Unternehmen als potentieller Arbeitgeber und ermöglicht den zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch Kundinnen und Kunden, einen Einblick in die Betriebsstrukturen, in das Betriebsklima und zeigt sich von einer identifizierbaren Seite. Daher macht es natürlich auch Sinn, dass Medien wie Fotos, Stories und Live Content in den Social Media Trends ganz oben liegen, denn diese Medien vermitteln auf direktem Weg Nähe, konkrete Einblicke und vermeintliche Authentizität! Das man das natürlich auch vorspielen kann und Social Media nicht unbedingt die reale Welt zeigen muss, sollte man dabei immer im Hinterkopf behalten!
Für Unternehmen finde ich es aber total wichtig, dass nicht jeder Social-Media-Kanal für den gleichen Content verwendet werden kann. Hier kommt es auf die Zielgruppe und das interne Kommunikationsziel an und beschränkt die Möglichkeiten, auf welchem Kanal, welcher Inhalt veröffentlicht wird. Dafür braucht es einen guten Kommunikationsplan, gute Kommunikationsziele und ein Gespür für die Followerinteressen!